Sanierungslogik

Bei aller Neigung für ein vermeintliches Problem zu einer schnellen Lösung gelangen zu wollen (in den meisten Fällen geht es um die Heizungserneuerung), ist es besser zunächst einen Schritt zurück zu treten und sich „das Problemganzheitlich anzuschauen.
Fast immer werden Sie nur so zu der energetisch und vor allem wirtschaftlich effizientesten Lösung kommen. „Ganzheitlich“ bedeutet, dass Sie nicht nur über die Art der Heizung nachdenken sollten, sondern über das gesamte Umfeld in dem sich diese befindet, oder eben zukünftig befinden soll.
Eine neue Heizungsanlage, die überhöhte Investitionen erfordert, oder zu unverhältnismäßig hohen Betriebskosten führt, ist ganz sicher nicht was Sie wollen.

Sehr häufig können schon sogenannte „gering-investive Maßnahmen“ das Investitionsvolumen deutlich senken. Es macht einfach keinen Sinn in eine schlechte oder schlecht ausgelegte Anlageumgebung eine effiziente Heizung einzubauen.
Falsch dimensionierte Heizkörper, fehlender hydraulischer Abgleich, veraltete Pumpentechnik, schlechte Regelungselemente, etc. führen nur dazu, das Sie höhere und teure Heizleistungen installieren müssen (Energie verschwenden sowieso).
Ist der Heizwärmebedarf zu hoch oder sind günstige Betriebsbedingungen für einen anvisierten Heizungstyp nicht gegeben, sind Sie ggf. sehr deutlich in Ihrem Handlungsrahmen eingeschränkt.
Wenn z.B. die Gebäudeisolation schlecht ist und die Wärmeverteilung (Heizkörper) schlecht ausgelegt sind, kommen ggf. nur noch sehr wenige, aber vielleicht teure, Heizungsoptionen in Frage.
Tauscht man hingegen den einen oder anderen Heizkörper aus, oder dämmt die Kellerdecke oder den Dachboden, sieht die Welt ggf. deutlich anders aus. Vergleichsweise geringe Investitionen in die Anlagetechnik oder die Isolation des Gebäude haben sich zumindest teilweise bereits sehr kurzfristig dadurch amortisiert, dass die Investitionskosten für die Heizung deutlich sinken. Hinzu kommen die geringen Betriebskosten, welche mittel- bis langfristig zur schnellst möglichen Amortisation der Aufwendungen führen.

Der Vorlauf und gemeint ist die „Vorlauftemperatur“ der Heizung (also jene Temperatur mit der die Heizkörper beschickt werden), zieht sich wie ein Roter-Faden durch die ganze Sanierung und begründet damit die „Sanierungslogik„.

Es gilt der Satz: „Ist die Vorlauftemperatur minimal, läuft die Anlage optimal

1. Die Vorlauftemperatur

Schauen sie auf die Vorlauftemperatur der Heizungsanlage im Ist-Zustand. Senken Sie diese soweit ab, bis es im ersten Raum unangenehm wird (der schwächste Heizkörper bestimmt die Vorlauftemperatur).

2. Der hydraulischer Abgleich

Jetzt schaut man auf die Anlagentechnik: ist das System hydraulisch abgeglichen? (bekommt jeder Heizkörper „genau“ die Wärmemenge die er benötigt, um einen Raum zu heizen).

3. Dämmung und Effizienzpumpen

Kann die Wärmeverteilung durch Dämmung vor unnötigen Verlusten geschützt werden? Können Effizienz-Pumpen im System installiert werden?

4. Heizkörpertausch

Durch gezielte Anpassung der Heizkörperflächen an die Zielvorlauftemperatur können weitere Verbesserungen erreicht werden.

5. Der hydraulischer Abgleich nach Anlagenoptimierung

Der finale hydraulische Abgleich optimiert dann das System. Die Anlage läuft im Gebäude (wie es ist) unter optimalen Bedingungen (besser geht es nicht).

NT-Ready

Aber habe ich dann schon mein Ziel erreicht? 
Zumindest haben Sie den ursprünglichen „Blindflugdurch eine Wissensbasis ersetzt, da man immerhin einigermaßen verlässlich sagen kann: dieser oder jener Heizungstyp lässt sich installieren (oder eben auch nicht).

Die Schallmauer, die es zu durchbrechen gilt liegt bei kleiner / gleich 55°C für die Vorlauftemperatur (das bezeichnet man auch als „NT-Ready„, wobei NT für „NiedrigTemperatur“ steht). Erst ab hier ergibt sich Handlungsfreiheit.
– Unterhalb steht ihnen die ganze Heizungswelt offen.
– Oberhalb ist man sehr deutlich eingeschränkt (was nicht heißen soll, das es dafür keine Lösungen gibt).

Aber es gibt weitere Optionen die Vorlauftemperatur zu senken. Und dafür schaut man sich die Gebäudehülle an und minimiert die Wärmeverluste.
Dafür kommen im Wesentlichen zwei Faktoren in Betracht: Die Wärmeverluste durch eine schlecht gedämmte Gebäudehülle und die (nicht zu vernachlässigenden) Lüftungsverluste.

6. Die „thermische Hülle

Die Isolation der Gebäudehülle betrifft alle Wände, Türen, Fenster,  die Bodenplatte und das Dach, bzw. die obere Geschossdecke.
Hier ist viel Spielraum für gering-investive, wie auch aufwendigere Maßnahmen, mit denen Sie den Wärmeverlust und damit einhergehend die Vorlauftemperatur absenken können.

7. Die Wohnungslüftung

Weithin unterschätzt werden die Lüftungsverluste.
Die in der Raumluft gespeicherte Wärme wird einfach durch den Luftwechsel mit der Umgebungsluft (sei es durch Gebäudeundichtigkeiten oder das bewusste Lüftungsverhalten) in die Umwelt entlassen.
Diese Verluste müssen ausgeglichen werden.
Hier liegt ein Handlungsfeld, das man immer mit bedenken sollte. Denn unter Umständen lassen sich hier mit wenig Investition große Wirkung erzielen.

Erst wenn Sie all diese Rahmenbedingungen kennen (und es ist die Aufgabe der Energieberatung das sicherzustellen) haben Sie eine Gesamtschau auf ihre Optionen und können Sie sich aufmachen, gemäß Ihren Möglichkeiten, Wünschen und Ihrer Lebensplanung, die für Sie beste und damit auch kostengünstigste Sanierung zu planen und umzusetzen.

Geht nicht, gibts nicht. Aber einfach vorpreschen, führt fast immer in eine Sackgasse, aus der man nur schwer wieder rauskommt. 
Dieser als Lock-In-Effekt bezeichnete Vorgang meint, dass man mit einer vorschnellen Maßnahme ganz leicht in eine Situation kommt, das andere ggf. sinnvollere Maßnahmen verunmöglicht oder sogar unumkehrbare Schäden verursacht werden.